Milch macht müde Männer munter. Das wissen wir alle. Nur nicht so richtig, wo die Milch eigentlich herkommt. Im Supermarkt stehen die Tetrapacks dicht gedrängt – und der Liter kostet im günstigsten Fall nicht einmal einen halben Euro. Das Geld, das am Ende der Vermarktungskette beim Landwirt ankommt, der die milchgebenden Kühe hält, liegt natürlich deutlich unter dem Preis, den der Endverbraucher bezahlt. (ANZEIGE)
Lars Schmidt (30) ist Betriebsleiter der BRB Brandenburger Vermarktungs- und Dienstleistungsgesellschaft in Lietzow. Er sagt: „In den letzten Jahren haben wir einen durchschnittlichen Milchpreis von 32 bis 33 Cent pro Liter erzielen können. Das reicht längst nicht mehr aus, um mit diesem Geld wirtschaftlich produzieren zu können. Im Jahr 2015/16 fiel der Milchpreis sogar bis auf 20 Cent pro Liter. Damals haben viele Betriebe in der Region für immer aufgegeben und mit der Milchproduktion abgeschlossen. 1996 hatten wir noch 1.400 Milchbetriebe in Brandenburg. 2014 waren es nur noch 735. Inzwischen ist die Zahl weiter gesunken – wir haben seitdem ein weiteres Drittel der Brandenburger Betriebe verloren, etwa 350 sind noch da. Es lohnt sich einfach nicht mehr. Im Havelland sind von über 40 Milchbetrieben vor fünf Jahren nur noch 27 übrig geblieben.“
Der Betrieb von Lars Schmidt hat zurzeit 440 Kühe im Stall zu stehen, die zwei Mal am Tag gemolken werden und auf diese Weise 12.000 Liter Milch produzieren. Insgesamt sind es sogar noch mehr Tiere. Lars Schmidt: „300 Jungrinder ziehen wir selbst auf. Und etwa 60 Kühe sind gerade tragend, werden also bald Kälber zur Welt bringen. Das sind die sogenannten ‚Trockensteher‘, sie stehen auf der Weide, haben ‚Urlaub‘ und bereiten sich auf das Kalben vor. Eine Milchkuh kann übrigens bis zu fünf Jahre Milch geben. Anschließend kommt sie zum Schlachter.“
Lars Schmidt liebt seinen Beruf. Sein persönliches Motto lautet: „Ohne Kuhzunft keine Zukunft“. Damit er mit seinen Kühen überhaupt noch wirtschaftlich arbeiten kann, muss er den Betrieb allerdings auf mehrere Standbeine stellen: „Neben der Milch gibt es noch zwei Einnahmequellen. Auf 750 Hektar Acker und Grünland pflanzen wir Marktfrüchte wie Weizen oder Raps an, ziehen aber auch das Grünschnittfutter für unsere Kühe. Außerdem setzen wir mit unserer Photovoltaik- und unserer Biogasanlage auch auf die erneuerbaren Energien.“
Gern hätte Lars Schmidt die diesjährige Brandenburgische Landwirtschaftsausstellung (BraLa) im MAFZ Erlebnispark Paaren genutzt, um mit dem Endverbraucher ins Gespräch zu kommen. Um ihm zu erklären, wie wichtig ein stabiler Milchpreis ist, wie der Fachkräftemangel die Betriebe in die Knie zwingt und wie die immer neuen Auflagen für Verzweiflung sorgen: „Kleine Betriebe kommen mit den immer neuen Bestimmungen, mit der stetig wachsenden Bürokratie und auch mit den hohen Strafen nicht zurecht – und geben auf. Nur die großen Betriebe können das stemmen. Auch wir werden unseren Kuhbestand erhöhen, um auf Dauer überleben zu können.“
Damit der deutsche Landwirt als solcher auf Dauer bestehen bleiben kann, sollte der Konsument bereit sein, den einen oder anderen Cent mehr beim Lebensmitteleinkauf auszugeben: „Da geht es auch um die Ernährungssicherheit. Ein Land sollte dazu in der Lage sein, sich selbst zu ernähren. Denn ein lokaler Betrieb, der aufgibt, der ist weg, da rückt keiner mehr nach – und wir werden unsere Lebensmittel zunehmend im Ausland einkaufen müssen. Wir arbeiten aber hier im Havelland bereits an einer regionalen Vermarktungsidee, vielleicht bringt uns das ja einen Schritt weiter.“
Lars Schmidt sieht auch, wie sich die Menschen aus der Stadt und vom Land immer weiter voneinander entfernen: „Viele Menschen aus der Stadt haben gar keine Vorstellung mehr davon, wie Landwirtschaft eigentlich funktioniert. Leider wurde die BraLa ebenso wegen Corona abgesagt wie die Brandenburger Landpartie. Dabei ist es gerade in diesen Zeiten sehr wichtig, dass wir miteinander in den Dialog gehen.“ (Text/Fotos: CS)
Info: BRB Brandenburger Vermarktungs- und Dienstleistungsgesellschaft mbH, Semmelweg 21, 14641 Nauen OT Lietzow
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 171 (6/2020).
Der Beitrag Nauen: Die gute Milch erschien zuerst auf FALKENSEE.aktuell.